Früchte, Gaukler und Oasen
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Ente Bagdad lässt sich von der Vielfalt Marokkos verzaubern
„Willkommen in Marokko“ – auf einem weißen Banner prangt in großen Lettern der Willkommensgruß für die Mainzer Freizeitkicker. Der Fußballclub Ente Bagdad ist sicher in Marrakech gelandet und wird vom marokkanischen Entenspieler und Reiseleiter Mohammed herzlich begrüßt. Der Auftakt für eine zehntägige Rundreise durch den Süden Marokkos ist gelungen.
Zunächst erkunden die 26 Spieler, Spielerfrauen und das knapp dreijährige Entenküken „Paul“ die Metropole im Landesinneren, lassen sich verzaubern von Wärme, Sonne und Gauklern. Alle sind begeistert von der Herzlichkeit der Einwohner und den tausend Farben und Gerüchen, die auf den Marktplätzen und in den engen Gassen der Altstadt – der Medina – die Sinne betören. Orangen, Datteln, Feigen und hundert andere Früchte sowie Gewürze und Kräuter verzaubern nicht nur den Gaumen, sondern auch Augen und Nase.
Auch das erste Freundschaftsspiel findet in Marrakech statt. Gegen die Spielkunst der im Schnitt zwanzig Jahre jüngeren Marokkaner haben die Enten kaum eine Chance, zusätzlich machen die Temperaturen zur Mittagszeit – knapp 30 Grad – und die fast senkrecht stehende Sonne den Rheinhessen zu schaffen. So sind die Enten dann auch mit dem 2:4 gut bedient. „Vielleicht lag es aber auch nur daran, dass am Vorabend auf dem Platz der Gaukler im Herzen der Medina um den falschen Zauberspruch gefeilscht wurde“, mutmaßt Enten-Coach und selbsternannter Präsident Ronald Uhlich aus Bodenheim im Nachhinein.
Von Marrakech aus geht es durch die kurvenreichen Straßen des Atlas-Gebirges weiter Richtung Südosten nach Ouarzazate. Schlagartig wechselt die Landschaft auf dem über 2.000 Meter hohen Gebirgspass – die grünen Wiesen werden abgelöst durch karge Berge und Geröll, selbst den Ortschaften scheinen die Farben ausgegangen zu sein. Und dann, nach rund vierstündiger Fahrt im Schneckentempo – eine grüne Oase, wie aus dem Nichts erschienen: Ouarzazate.
Die Stadt ist Ausgangspunkt für Exkursionen in grandiose Schluchten sowie Stein- und Sandwüsten. Die Straße der 1.000 Kasbahs – festungsartige Herrenhäuser mit vier Ecktürmen, gebaut aus Lehm und Stroh – versetzt die Reisenden in ein anderes Jahrhundert und lässt in der Fantasie Wüstenherrscher und Nomadenstämme aufleben. Vertrocknete Flusstäler begleiten die Route in das Tal von Todra. Eindrucksvoll drängen sich dort bis zu 300 Meter hohen Felshänge in der nur zehn Meter breiten Schlucht.
Zurück in der Gegenwart, führt die Rundreise der Enten vom Landesinneren nach Agadir an die Atlantikküste. Zehn Kilometer Strand und mehrstöckige Touristenhotels vermitteln eher den Eindruck eines künstlich geschaffenen Urlaubsortes denn einer Stadt mit großer marokkanischer Tradition; was auch daran liegen dürfte, dass ein Erdbeben in den sechziger Jahren nahezu die gesamte Altstadt in Schutt und Asche legte.
An Ostern 2009 hält Agadir für die Kicker von Ente Bagdad dennoch ein Highlight bereit: ein weiteres Freundschaftsspiel gegen marokkanische Fußballer. Dieses Mal sind die Enten im Schnitt nur zehn Jahre älter – allein gerät das nicht zum Vorteil bei wiederum 30 Grad zur Mittagszeit. Denn die Marokkaner – die meisten von ihnen früher mindestens bei Drittligisten aktiv, einer sogar Ex-Nationalspieler – spielen souverän ihre Technik und Routine aus. Am Ende geht auch dieses Spiel für die Kicker aus dem Südwesten Deutschlands mit 3:5 verloren. „Angesichts der Tatsache, dass unser Taktik-Coach Werner Pilsner berufsbedingt früher zurückreisen musste, kein schlechtes Ergebnis“, betont Enten-Präsident Uhlich.
Und dieses Erlebnis tröstet auch ein wenig über die Niederlage der 05er gegen den SC Freiburg hinweg. Dank der technischen Fähigkeiten der einen und der Überredungskünste einer anderen Ente gelingt es den Rheinhessen nämlich, das Spitzenspiel am Bruchweg live im Deutschen Fernsehen zu verfolgen. Lautstark unterstützen die Enten die 05er – zur Überraschung manch anderen Gastes – im Foyer des Hotels. Doch konnten auch die leidenschaftlichen Fangesänge aus dem fernen Marokko die Niederlage der 05er nicht verhindern.
Letzte Station für den Ententross ist schließlich das traumhafte Essaouira, rund 200 Kilometer nördlich von Agadir gelegen und mit mindestens genauso schönen Sandstränden beglückt. Ob der Handel mit Sardinen am Hafenrand, die faszinierenden Holzarbeiten in den Läden der Medina oder die weißen Fassaden mit blauen Fenstern – zum Abschluss der Reise verzückt Marokko die Enten noch einmal mit seinen schönsten Seiten – und die Urlaubsstimmung erreicht ihren Höhepunkt.
Umso trauriger treten die Enten schließlich die Rückfahrt nach Marrakech an, von wo aus es dann per Flug nonstop zurück nach Rheinland-Pfalz geht – ein letzter Blick auf die über 4.000 Meter hohen, schneebedeckten Berge des Atlas versüßt den rundum positiven Eindruck von Marokko. „Ebenso wie die Syrien-Rundreise im Jahr 2005 stellt auch diese Fahrt ein echtes Highlight in der über 35-jährigen Entengeschichte dar“, zieht denn auch Uhlich ein positives Fazit der Reise. Fortsetzung folgt: Im Oktober 2010 soll es dann zum Kicken und Staunen nach Jordanien gehen. „Herzlich Willkommen“ wird es dann voraussichtlich am Flughafen von Amman heißen.
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