Entenreise nach Bolivien im Juli 2016

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Ein Reisetagebuch

Die Planung und Organisation dieser weitesten und höchsten Entenreise im Juli 2016 begann schon etwa ein Jahr vorher. Familie Choque Fernández führte die Planung gemeinsam mit den Angehörigen in Bolivien, insbesondere den Neffen Isaac und Gabriel, durch, begleitet durch Wünsche, Ideen und Anregungen des Entencoaches.

Was sich zunächst wie ein besserer Wandertag anließ, war am Ende dann doch eine Mammutaufgabe. Immerhin galt es, einen sehr heterogenen Ententross im Alter zwischen Anfang zwanzig und Mitte siebzig nicht nur zwei Wochen lang zu bespaßen, sondern auch konvenabel zu transportieren und zu logieren. Rückblickend kann man sagen, dass die Planer und Eventmanager ein Ergebnis erzielt haben, das alle Reiseteilnehmer – zurückhaltend ausgedrückt – mehr als nur befriedigte.

Außerdem, auch das muss gesagt werden, kann dieser Entenreise ein weiterer Superlativ verliehen werden: Es war dank der prohibitiven Preise für die Flugtickets nicht nur die weiteste und höchste, sondern auch die bis dato teuerste Reise der Enten in ein Heimatland ihrer Mitspieler.

16. Juli

Abflug für die meisten Enten war am 16. Juli vom Flughafen Frankfurt/Main. Eva und Victor waren bereits eine Woche vorher nach Bolivien geflogen, um vor Ort die letzten Vorbereitungen zu treffen. Junia und Nina weilten bereits in Brasilien, waren also quasi vor Ort. Marcella und Ortwin wollten mit Lufthansa und weniger Umsteigen reisen und waren deshalb schon früher abgeflogen. Joseph hatte seinen Trip über die USA mit Zwischenlandung in Miami gebucht, was ihm wegen der Stornierung des Anschlussfluges dort einen unfreiwilligen Aufenthalt von drei Tagen sowie den Verlust seiner Sonnenbrille bescherte. Für die anderen ging es von Frankfurt über Madrid und Lima nach La Paz – eine 24-stündige Reise inklusive Wartezeiten und Zeitverschiebung, die also eigentlich 30 Stunden dauerte.

Der Flughafen von La Paz liegt in El Alto, was auf eine gewisse Höhe schließen lässt. Und wirklich: Der „Aeropuerto Internacional El Alto-La Paz John F. Kennedy‟ auf 4.100 m ist einer der höchstgelegenen Verkehrsflughäfen der Welt. Im Vergleich zu anderen Flughäfen müssen Flugzeuge in El Alto mit wesentlich höheren Geschwindigkeiten starten und landen, um in der dünnen Höhenluft ausreichend Auftrieb zu erreichen. Hierfür benötigen sie speziell verstärkte Reifen, und die Zuladung ist trotz der 4.000 m langen Start- und Landebahn begrenzt.

17. Juli

Das mit der dünnen Luft bekamen die Enten auch direkt nach der Landung zu spüren. Kaum war die Kabinentür geöffnet, strömten sowohl sauerstoffarme Luft als auch sehr niedriger Luftdruck in die Kabine. Die eine oder andere Ente bekam somit schon im Gang beim Verlassen des Flugzeugs weiche Knie und Schwindelgefühle. Das konnte ja heiter werden! Von der Höhenkrankheit war zwar im Vorfeld immer wieder die Rede gewesen, aber so richtig vorstellen konnte sich das bis zu diesem Zeitpunkt niemand. Nun, jetzt war es so weit.

Das Enten-Empfangskomitee bestehend aus Eva und Victor sowie deren Neffen Isaac, Gabriel, Rafael und José hieß die Entenschar herzlich willkommen und verfrachtete alle in einen landestypisch bunten alten Bus, mit dem es durch viel Verkehr und enge Straßen zum Hotel Flamingo in La Paz ging. Malerisch und doch zentral gelegen, mit unverbaubarem Blick auf das Gefängnis San Pedro und nur einen Steinwurf vom San Pedro-Park (siehe Parkbier in diesem Artikel) entfernt, wurde es schnell zum Ausgangspunkt für Stadterkundungen zu Fuß.

18. Juli

Schon beim ersten internationalen Frühstück am nächsten Morgen mussten sich die Enten auf „andere Länder, andere Sitten‟ einstellen. Ein trockenes Flachbrötchen, ein Klecks Margarine und ein Hauch von Erdbeermarmelade wurden begleitet von einem sirupartigen, sehr süßen Orangensaftgetränk und wahlweise Kaffee oder Tee. Schluck! –Kein Müsli, kein frisches Obst, keine Eier, kein gebratener Schinken, … – das war einigen zu wenig und führte in der Folge zu mehr oder weniger intensiver Selbstversorgung. Der bolivianische Mate de Coca-Tee erfreute sich allerdings großer Beliebtheit, und die Stadtführung des ersten Tages war eine willkommene Einführung in das Leben und Treiben des bolivianischen Regierungssitzes. Durch die Lage in einem Talkessel war dies auch schon eine erste Einheit des zweiwöchigen Höhentrainings der Enten. Die Schritte wurden immer langsamer, die Atemfrequenz immer höher, und manch einer war dankbar für jeden Laternenpfahl, an dem er sich keuchend kurz anlehnen konnte.

19. Juli

Besuche des Mondtales „Valle de la Luna‟ und des Zoos standen auf dem Programm, was mit längeren Busfahrten für wenige Kilometer verbunden war. Strecke machen in Bolivien ist nicht, das lernten die Enten schnell. Das „Valle de la Luna‟ liegt ungefähr zehn Kilometer südöstlich von La Paz und besteht aus tausenden Felsen, Felsspalten, Erdhügeln und kraterähnlichen Formationen, die sich im Lauf von Millionen Jahren durch Erosion und Klimagegensätze gebildet haben. Durch diese bizarren Gebilde wanderten die Enten fotografierend, filmend, schnatternd und schwitzend.

Zwar fand die Reise im bolivianischen Winter statt, aber strahlend blauer Himmel während des gesamten Aufenthaltes bescherte der Gruppe Tagestemperaturen zwischen 20 und 25 Grad. Nach Sonnenuntergang wurde es aber schnell mit dann nur noch fünf bis zehn Grad recht kühl.

Im Zoo von La Paz konnten sich die Enten zwar keine verwandten Anatidae ansehen, aber so ziemlich alles an Fauna, was das lateinamerikanische Land zu bieten hat: Puma, Schildkröte, Schlange, Lama, Bär, Kondor, Strauß und jede Menge bunter Vögel und Affen.

Dass mit eingeborenen Tieren nicht zu spaßen ist, erfuhr Stephan M. schon am frühen Nachmittag: Im Gespräch mit einer anderen Ente lehnte er sich gegen einen Zaun, was einem Lama auf der anderen Seite desselben als versuchter Hausfriedensbruch erschien, den es nicht hinzunehmen gewillt war. Flugs vertrieb es den ungebetenen Gast mit einem Biss in den Unterarm, was diesem neben ein paar ungefährlichen Kratzern den von nun an gültigen Rufnamen Lama-Stephan einbrachte. Zur Ehrenrettung der Erfinderin Katharina muss gesagt werden, dass neben Stephan noch zwei Stefans Mitglieder der Reisegruppe waren, sodass der neue Name zumindest phonetisch hilfreich war.

20. bis 22. Juli

Woran denkt man gemeinhin, wenn der Name „Copacabana‟ fällt? –Brasilien, weiße Strände, schöne Frauen, wilde Parties bis in den Morgen? –Wenn dem so ist, kennt man nur die Kopie. Das Original, der Ort Copacabana, liegt am südöstlichen Ufer des Titicacasees in Bolivien und war das nächste Reiseziel der Enten. Untergebracht in einem Backpacker-Hotel direkt am Strand hatten die deutschen Wasservögel eine traumhafte Aussicht auf den See sowie die herrlich romantischen Sonnenuntergänge.

Gleich am ersten Abend begaben sich die Entenspieler in die örtliche Sporthalle, um sich zu lockern und ein erstes Spielchen unter verschärften atmosphärischen Bedingungen zu machen. Im Schein einer trüben Lampe, die ein wenig an die Gabsheimer Kerzen erinnerte, kickten ein paar Unerschrockene, die Mitspieler mehr ahnend als sehend, auf rissigem und glattem Betonuntergrund, auf dem sich der Verfasser auch gleich zu Anfang, bei einem Schuss den sicheren Stand verlierend, vehement niederließ.

Der erste Ausflug führte zu den „Islas flotantes‟, den schwimmenden Inseln. Dies sind große Flöße aus Schilfrohr, die von den Einheimischen angefertigt und mit Hütten bebaut werden. Eine dieser Inseln war das Ziel einer etwa dreiviertelstündigen Bootsfahrt. Hier waren die Enten zum traditionellen „Trucha‟-Essen verabredet: Vor den Augen der Gäste gefangene Forellen wurden frisch verarbeitet und innerhalb einer halben Stunde nach dem Fang gebraten serviert. Dazu gab’s die berüchtigte lokale Limonade, deren hoher Zuckergehalt den Enten direkt in die Beine für das am folgenden Samstag geplante Fußballspiel gehen sollte. Bolivianischer Energydrink sozusagen.

Ein zweiter Ausflug zur „Isla del Sol‟, der Sonneninsel, war dann schon etwas anstrengender für die Enten. Einem lokalen Führer folgend watschelte man ein paar Stunden über schmale Pfade zu den schönsten Sehenswürdigkeiten und Aussichtspunkten. Unterwegs ließen sich einige wenige ganz wilde Enten von einem Schamanen segnen und holten sich positive Vibrationen vom Pumafelsen. Ein abschließendes spätes Mittagessen, eine Tanz- und Musikgruppe vor dem Restaurant sowie der Kauf von lokalen Kopfbedeckungen rundeten den Tag ab.

Die Hin- zum sowie auch die Rückfahrt vom Titicacasee waren erlebnisreich bis abenteuerlich. Teilweise im Schritttempo ging es über Schotterpisten und durch verwinkelte Gassen, immer wieder Umleitungen folgend, dem Ziel entgegen. Aus dem Fenster schauen war stellenweise ob des vogelwilden Verkehrs draußen so aufregend, dass es einige doch lieber sein ließen. Der Bus brauchte für die 120 km Entfernung jeweils gute sechs Stunden, wodurch die allseits bekannte Antwort „Mañana‟ auf die Frage nach einem bestimmten Zeitpunkt einen ganz neuen Stellenwert bekam.

23. Juli

Das erste Fußballspiel der Enten sollte an diesem Tag stattfinden. Immerhin hatte man nun mehrere Tage der Akklimatisierung gehabt, die leider einige Gruppenmitglieder auch dringend benötigt hatten. So war beispielsweise Madame La Présid-Ente wegen der Höhenkrankheit geschlagene drei Tage ans Bett gefesselt (im übertragenen Sinn, versteht sich) und musste sowohl besondere Medikamente als auch lokale Wundermittel wie probiotischen Joghurt mit rechtsdrehenden (! – man befand sich schließlich auf der Südhalbkugel) Lactobakterien zu sich nehmen.

Der Kick war für zwölf Uhr mittags angesetzt, auf dem Trainingsgelände der bolivianischen Fußballnationalmannschaft. Wie Joseph in seinem Spielbericht dazu schrieb, war die Anfahrt teils abenteuerlich (eine weibliche Ente wollte unterwegs aus dem Bus aussteigen, so gefährlich sahen die Manöver des Chauffeurs aus). Das Spiel dauerte länger als geplant, nämlich zweimal 50 statt zweimal 45 Minuten. Irgendwie kam der Schiedsrichter offenbar mit seiner Uhr nicht zurecht. Am Ende waren die Enten fix und fertig, aber glückliche Sieger.

Eine sehr schöne Episode aus der Reihe „Sowas passiert keinem Pauschaltouristen‟: Nach dem Kick, als die Entenspieler kraftlos am Boden lagen, um wieder einigermaßen zu sich zu kommen, turnte ein ansonsten extrem scheuer kleiner Junge auf Matthias D. herum, alberte mit ihm, neckte ihn und schien auch sonst einen neuen Freund für’s Leben gefunden zu haben. Den Eltern des kleinen Donato blieb dieses Gebaren selbstverständlich nicht verborgen, war es für ihren Sprössling doch völlig atypisch. Kurz entschlossen fragten sie Matthias, ob er nicht der Taufpate des Kleinen werden wolle. Nach kurzer Überlegung und Beratung mit seiner Frau Anne sagte er zu. So sollte es noch einen weiteren, diesmal ungeplanten, Höhepunkt am Ende dieser Entenreise geben: Kindstaufe mit Enten.

Der Abend dieses denkwürdigen Tages klang dann bei einer waschechten Peña (typisch bolivianische Party in einer Lokalität, die wir als Club oder Disco bezeichnen würden, was dem aber nicht annähernd gerecht wird) mit Musik, Tanz und ausgelassen feiernden Enten aus. Russendisko war gestern!

24. Juli

Der zweite Sonntag der Bolivienreise war der Entspannung des Reiseleiterteams gewidmet. „Zur freien Verfügung‟ stand auf dem Programm, was die Enten zur ausgiebigen Erkundung von La Paz und seinen Schätzen, Märkten und Sehenswürdigkeiten nutzten. Insbesondere der schwarze und der Hexenmarkt waren beliebte Anlaufpunkte, wobei auf dem letzteren die an den Ständen feilgebotenen getrockneten Lamaföten, die als Glücksbringer im Fundament eines jeden neuen Hauses vergraben werden sollen, schon ein bisschen gruselig waren.

25. Juli und 26. Juli

Tarzanschreie hallten durch das Hotel Flamingo, noch vor dem internationalen Frühstück: An diesem Tag sollte es in den Dschungel gehen. Also flugs die Sachen für zwei Tage gepackt, das Insektenschutzmittel ganz oben auf, und schon ging der Ritt nach Coroico los.

Im Bus stellte Eric bei der Abfahrt gleich seine Freundin „Anna – äh, nein, ich meine Nadine” als kurzfristig Mitreisende vor. Sie sei seit einem halben Jahr in Südamerika und reise einige wenige Tage mit uns. Beide sollten während dieser Zeit den gesamten Bus noch mit ihrem Enten-Geschnatter und -Lachen unterhalten.

Nach wenigen Stunden Fahrt durch großartige Landschaften (typischer Enten-Kommentar zwischendurch: „Das ist hier wie in den schottischen Highlands, nur anders‟!) kam der Ententross in dem wegen Nebensaison ziemlich verschlafenen Städtchen an. Das Hotel wurde aus Mangel an anderen Gästen zum exklusiven Entenstützpunkt, der Pool extra gereinigt, und die zahlreichen Stechmücken freuten sich auf ihre eigene Weise über die Neuankömmlinge. Innerhalb von Sekunden waren einige Entinnen, trotz Insektenschutz, mit Stichen übersät. Es empfahl sich für die anderen folglich, immer in der Nähe dieser bedauernswerten Wesen zu bleiben, um nicht selbst zum Ziel der fliegenden Sauger zu werden.

Kaum angekommen entdeckte Klaus über den Bergen „zwei, drei – nein fünf – ach da sind ja noch viel mehr‟ schwarze Vögel in der Luft, mutmaßte Kondore, und sah dieselben ab diesem Zeitpunkt überall. Jeder Vogel über Amselgröße wurde zum Kondor. Tobias erklärte ihm zwar, dass der Kondor ein Aasfresser aus dem Hochgebirge sei und hier auf nur 2.000 m Höhe gar nicht vorkomme, aber was wusste der denn schon. Klaus hatte sie ja vor Augen, die Könige der Lüfte: Flügel wie ein Brett. Am folgenden Tag erklärte einer unserer Reiseleiter Klaus den Sachverhalt mit fast identischen Worten, diesmal allerdings auf Spanisch – und da war es für Klaus plötzlich klar und einsichtig, dass seine Kondore vielleicht nur eine kleine Variante?, oder gar keine Kondore?, na gut: keine Kondore waren. Nach Lama-Stephan hatte nun auch Kondor-Klaus für die Zukunft seinen Namen weg.

Der Fußmarsch nach Ankunft und Zimmerverteilung führte die bunte Truppe vom Hotel zu einer Art Gemeindehaus zum Mittagessen. Dort saß man inmitten der Schar von Einheimischen und aß mit ihnen zusammen die regionalen Spezereien wie Fleisch-/Gemüsesuppe, scharfes Huhn, gebratene Leber – alles begleitet von Salat, Reis, Kartoffeln und buntem Gemüse. Hausgemachte Limonade (quasi zuckerfrei) gab’s obendrein: Lecker!

So gestärkt begaben sich die Enten auf den lauschigen Platz im Mittelpunkt der Gemeinde. Offenbar hatte das der Ortsvorsteher mitbekommen, jedenfalls wurde der örtliche Springbrunnen für die Zeit der Entenpräsenz in Betrieb gesetzt – ein netter Zug, fanden die Mainzer Kicker.

Wasser war auch das Thema des anschließenden Ausflugs mit Minibussen. Über staubige und unbefestigte Straßen (was man eigentlich nicht mehr besonders betonen muss) juckelten die unerschrockenen ENT-decker zu einem Wasserfall außerhalb des Ortes, mit Blick über das weite Land. Nun, das mit dem Blick war natürlich nicht so einfach, denn der optimale Aussichtspunkt wollte zunächst einmal erklommen werden. Das schafften einige Enten, vorbei an einer Batterie Klohäuschen mit wirklich exzellenter Aussicht, und wurden durch ein atemberaubendes Panorama über bewaldete Berge und Schluchten belohnt.

Nach dem vergleichsweise reichhaltigen Frühstück am nächsten Morgen verwöhnten die Reiseleiter die Enten mit einem ganz besonderen Ziel: dem Rio Selva Resort. Eine Oase der Ruhe und Entspannung mitten im Dschungel, mit Pools, Restaurants, Sport- und Freizeitanlagen, wo man ordentlich die Seele baumeln lassen konnte. Das taten die Enten ausgiebig, übten sich zwischendurch gegen ein paar Jugendliche im Futsal-Spiel, bevor dann am Nachmittag die Rückreise angetreten wurde.

27. Juli

Tiahuanaco ist eine bedeutende Ruinenstätte einer Prä-Inka-Kultur in Bolivien. Sie liegt knapp 4.000 m über dem Meeresspiegel in der kargen Hochebene des Altiplano, 70 Kilometer westlich von La Paz. Die Ruinen von Tiahuanaco zählen zu den wichtigsten archäologischen Stätten in Bolivien, gehören seit dem Jahr 2000 zum Weltkulturerbe der UNESCO und wurden von den Enten an diesem Mittwoch heimgesucht. Ein paar Kilometer Fußmarsch durch die Ruinen, viele Fotos und das eine oder andere Souvenir später wäre es beinahe zu einem weiteren Lama-Zwischenfall, diesmal mit Uli, gekommen. Die Situation konnte letzterer aber elegant entschärfen, indem er rechtzeitig das Weite suchte.

28. Juli

Der einzige Programmpunkt an diesem Tage hatte es in sich: Das zweite Fußballspiel sollte stattfinden. Die Enten schwärmten am Morgen über La Paz aus, um mit den bunten Gondelbahnen irgendwohin zu fahren, Grünstreifen zu entdecken, Museen zu besuchen, usw. Einige von ihnen genossen ein Stückchen Heimat mitten in der bolivianischen Großstadt: Eine Art Rosenmontagszug wälzte sich mit viel Musik und Tanz durch die Innenstadt, und die Mainzer Besucher schunkelten kräftig mit.

Am Morgen hatten Le Coach, Le Maître, Eva, Victor und dessen Bruder einen offiziellen Termin in der Deutschen Botschaft in La Paz. Die Enten wollten sich den lokalen Vertretern der Bundesrepublik Deutschland vorstellen und gleichzeitig für gemeinsame Projekte vor Ort werben. Der Ansprechpartner Stefan Schnepp war sehr freundlich und aufgeschlossen, und im Verlauf des Gespräches stellte sich sogar heraus, dass er aus Bingen stammt und in der Mainzer Bunten Liga gespielt hatte. Da wurde selbstredend gefachsimpelt, über Fußball, Politik, bolivianische Atommeiler-Projekte und über die Villa-Roel-Schule, in der Victors Bruder Sportlehrer ist. Nach einer Stunde war klar, dass der Vertreter der deutschen Botschaft froh über diesen Kontakt und die Schule sehr glücklich über die Verbindung zur Deutschen Botschaft war. Gemeinsame Projekte zur sportlichen und kulturellen Förderung der Schule und auch einzelner Schüler wurden ins Auge gefasst. So war der FC Ente Bagdad einmal mehr in seiner Geschichte als Katalysator für kulturelle Zusammenarbeit in Erscheinung getreten. 

Am Abend dann hatte der Reiseleiter den steilen Aufstieg in die Oberstadt vor das Fußballspiel gesetzt. Wobei es sich eigentlich um ein Futsal-Spiel handelte, einer besonderen Art von Hallenfußball, deren Ursprung in Südamerika liegt. Futsal unterscheidet sich von anderen Arten des Hallenfußballs vor allem dadurch, dass das Spielfeld durch Linien (Handballfeld) und nicht durch Banden begrenzt wird. Es wird generell mit fünf Spielern auf Handballtore mit einem sprungreduzierten Ball mit relativ wenig Druck gespielt. Zur Verdeutlichung: Das ist ein Gefühl, als ob man gegen einen vollen Reisekoffer tritt. Außerdem unterscheidet sich Futsal durch die „Vier-Sekunden-Regel”. Für ruhende Bälle stehen jeweils nur vier Sekunden zur Ausführung zur Verfügung.

Langer Rede kurzer Sinn: Es war ein sehr flottes Spielchen, das sich die Enten und ihre rund 40 Jahre jüngeren Gegner lieferten. Ulis Spielbericht gibt detaillierte Auskunft, auch über den wiederum sehr herzerwärmenden Rest des Abends.

29. Juli

Der letzte Tag der Enten-Bolivienreise war noch einmal der Eigeninitiative gewidmet, die zwei Enten in ganz besonderer Weise interpretierten. Deren Geschichte wurde der Gruppe beim abendlichen Abschiedsessen jedenfalls unter viel Gelächter und Schenkelklopfen zum Besten gegeben.

Auch die Taufe des kleinen Donato fand am Spätnachmittag noch statt. Alle Enten fanden sich in der Kirche ein, um diesem besonderen Ereignis beizuwohnen. Allerdings schien es dem Täufling nicht ganz so gut zu gefallen, im Mittelpunkt zu stehen, was er durch anhaltende und lautstarke Beschwerden kundtat. Selbst sein Taufpate Matthias bekam seine kleine Faust auf die Nase, als er ihn im Arm haltend über das Taufbecken bugsieren wollte. Der Pfarrer ließ sich von alldem nicht beeindrucken, zog seine Zeremonie professionell durch, und so war alles nach einer halben Stunde geschehen. Bei der anschließenden Begießung in einem nahe gelegenen Café war Donato wieder guter Dinge, und die Enten, von den stolzen Eltern eingeladen, ließen sich den süßen Schaumwein und die herrlichen Torten schmecken.

Selbstverständlich war es an diesem letzten Reisetag auch an der Zeit, Abschied zu nehmen. Abschied von unserem Eventmanager Isaac (zu dem er durch Kondor-Klaus in dessen Dankesrede befördert wurde), seinem Bruder Gabriel und den beiden Reiseleitern Rafael und José. Im Verlaufe des gemeinsamen abendlichen Abschiedsessens bekamen alle neben Medaillen und Geschenken viel herzlichen Dank und Umarmungen für ihre großartige Arbeit. Selbst ihre Mutter musste zum Schluss noch das Wort ergreifen. Sie habe zwar gewusst, dass sie tolle Jungs habe, aber dank der Entenreise hätten sich diese richtig ins Zeug gelegt, was sie ihnen nie im Leben zugetraut hätte. Dafür wolle sie sich nochmal herzlich bei den Enten bedanken, sagte sie.

Abschied auch von einigen Mitgliedern der Gruppe, die zum Teil noch ein paar Wochen in Südamerika verweilen, zum Teil früher oder später als die anderen abreisen wollten.

30. Juli

Wieder ging es zum Flughafen El Alto hoch über La Paz. Nach dem Start waren ein paar Berge höher als das Flugzeug und in einer elegant geflogenen, langgezogenen Kurve zum Greifen nah, aber alles ging gut. Über Santa Cruz und Madrid ging es zurück nach Frankfurt/Main, wo der Flieger pünktlich nach wiederum 24 Stunden Reisezeit landete, diesmal allerdings abzüglich der sechs Stunden Zeitunterschied.

An der Gepäckausgabe trennten sich die Wege der meisten, weil die Rückfahrt unterschiedlich organisiert war. Ein Koffer ließ besonders lange auf sich warten, denn er war von wem auch immer durchwühlt (=ausgiebig kontrolliert) worden. Vielleicht waren es die bolivianischen Riesenavocados in seinem Inneren, die die Aufmerksamkeit eines Securitybeauftragten erregt hatten. Das wird man aber nie erfahren, denn die Früchte waren noch da.

Fazit

Die längste, teuerste und weiteste Reise in der mittlerweile 43-jährigen Geschichte des FC Ente Bagdad hat nachhaltigen Eindruck bei allen Teilnehmern hinterlassen. Es wurde rückblickend meist in Superlativen geschwelgt und tonnenweise Lob über den Organisatoren Eva und Victor sowie deren Familie ausgeschüttet. Verdientermaßen, muss man sagen. Auch aus diesem Grund kommen hier die Reiseteilnehmer in der Reihenfolge ihrer Rückmeldungen noch zu Wort.

 

Junia:

Für mich als Brasilianerin war die Erfahrung bestimmt anders als für euch Europäer. Ich möchte aber nicht die Nachbarländer miteinander vergleichen bezüglich Wirtschaft, Geschichte, Politik, Ökologie, usw. Man könnte sonst ein Buch schreiben.

Die Menschen in Bolivien und deren Leben haben mich fasziniert. Man sieht, wie beschwerlich sie alle leben, die Armut sowohl in der Innenstadt als auch am Stadtrand. Frauen mit viel Gepäck oder einem Kind auf dem Rücken laufen von da nach da und überqueren die Straßen sehr gekonnt in dem Chaos, als gäbe es einen geheimen Dialog zwischen ihnen und den Autofahrern, der irgendwie doch funktioniert.

Die großen Schlangen an den Bushaltestellen mit geduldigen Arbeitern, die vielen kleinen Geschäfte, in denen jeder Arbeiter versucht, seinen Platz in der Gesellschaft zu finden, sein Tageseinkommen zu erwirtschaften und dabei ein ehrliches und friedliches Leben zu leben. Obwohl es in Brasilien auch viel Armut und viele einfache Straßenhändler gibt, hat mich das alles sehr beeindruckt, weil die Mittelschicht in Brasilien wesentlich größer ist als die in Bolivien.

Beeindruckend fand ich auch die Sicherheit in den Straßen von La Paz. Wir sind problemlos mit den Neffen von Victor nachts zum Hotel zurück gelaufen, undenkbar in Brasilien.

In der Schule mit den unglaublich netten Lehrern und Lehrerinnen hatten wir einen wunderschönen Abend, solch eine Mühe, mit der sie die Veranstaltung für uns organisiert haben. Da erkennt man, wie gastfreundlich die Bolivianer sind.

Wir haben uns auch besonders mit den Jungs, vor allem Gabriel und Rafael, angefreundet, auch dadurch, dass wir in „Portunhol‟ miteinander reden konnten. Diese Freundschaft war das Schönste, was wir mitgenommen haben. Wir haben uns richtig in die Familie aufgenommen gefühlt, und das werden wir nie vergessen!

Liebe Grüße von Junia und Nina

 

Eva und Victor:

Bolivientour aus Sicht der Reiseleiter – Es wurde ja schon seit Jahren immer mal wieder der Wunsch geäußert, dass die Enten ein Fußballspiel in Bolivien bestreiten wollten. Dieses Jahr sollte es nun Wirklichkeit werden. Trotz langer Anreise, extremer Kosten und nur 14 Tagen Zeit für solch eine abenteuerliche Reise fanden sich 21 Enten inkl. Begleitung, die diese Strapazen auf sich nehmen wollten. Für die bolivianische Ente Victor ging somit ein langgehegter Wunsch in Erfüllung.

Es war eine intensive Vorbereitungszeit, die mit Hilfe von Ronald und Rita effektiv genutzt wurde. Unsere „bolivianische Reiseagentur‟ in Gestalt unserer Neffen Isaac und Rafael hatte alle Hände voll zu tun, um unseren Anforderungen gerecht zu werden. Diese zwei Wochen sollten ein unvergessliches Erlebnis werden.

Am 17.7.2016 war es dann soweit, die Enten waren im Anflug! Wir „Los Guías waren ziemlich nervös. Viele Fragen gingen uns durch den Kopf: Wie würde die „Entenfamilie auf dieses Land reagieren? Wie den Klimawechsel bzw. die Höhe vertragen? War das Hotel, die Zimmer, die Lage okay? Würden die Ausflüge problemlos verlaufen? Und, und, und…

Im Nachhinein ist festzustellen: Alle Bedenken waren unbegründet! Die „Enten bewiesen sich als unbezwingbare Reisetruppe. Jedweder Höhenkrankheitsanflug oder Virus wurde Dank Sorojchi-Pills oder medizinischer Hilfe in die Flucht geschlagen. Somit hatten wir Reiseleiter wenig Sorgen, und die Entenfamilie erwies sich als äußerst dankbar und pflegeleicht. Auch die Begeisterung für das Land und die Leute machte sich deutlich, die „Enten bewegten sich ohne Bedenken unbeschwert in den Gassen und Straßen von La Paz und den Ausflugszielen.

Daher konnten wir die zwei Wochen mit allen entspannt genießen. Wir haben zusammen Land und Leute kennengelernt, Fußball gespielt (gewonnen und verloren), eine einheimische Schule besucht, Kontakte zur Deutschen Botschaft geknüpft, eine Taufe miterlebt, getanzt, gefeiert etc. etc. Es wäre gelogen, wenn wir sagen würden, es war nicht anstrengend. Aber jede investierte Stunde war die Mühe wert. Ein unglaubliches Erlebnis, dass wir nicht missen möchten.

Dank an alle Enten die uns bei dieser Erfahrung mitgeholfen haben, und natürlich ein besonderer Dank an unsere fleißigen Helfer in La Paz: Isaac, Rafael, Gabriel und José, ohne die ein solcher Erfolg nie erzielt worden wäre.

Los Guías Victor und Eva

 

Joseph:

Bolivien hat für mich ein wenig später angefangen als geplant. Ursprünglich wollte ich ein paar Tage früher im Land sein, um noch zum Salar de Uyuni zu fahren, der berühmten Salzwüste im Süden des Landes. Der Wettergott wollte es nicht. Gut so, denn jetzt habe ich den besten Grund, noch einmal zurückzukommen. Wenn ich es tue, habe ich eine Familie in La Paz. 

Am letzten Tag, als die meisten Enten schon in der Luft auf dem Weg nach Europa und Brasilien waren, war ich mit Gabriel, Rafael, José und Isaac noch im Kino. Wir haben Tarzan geschaut. Auf Spanisch. Nicht nur deshalb weiß ich jetzt, dass ich Spanisch lernen muss. 

Mit Isaac habe ich am letzten Abend länger auf Französisch gesprochen und viel gelernt, mit José ein bisschen auf Deutsch, mit den anderen beiden war es schwierig. Das ist schade. Denn man kann ein Land nur kennenlernen, wenn man seine Menschen kennenlernt. Ich hab Eric, Juninha und Nina beneidet, die sich leichter unterhalten konnten. 

Bevor wir ins Kino gegangen sind, haben wir daher zuhause bei den Choques etwas gemacht, was auch ohne Sprache geht: Wir haben uns gegenseitig Lieder auf der Gitarre vorgespielt. Victors Bruder Javi hat ein paar wunderbare bolivianische Volkslieder gesungen. Isaac und Rafael haben ihn auf der Flöte begleitet. Die anderen haben gesungen oder den Rhythmus gemacht. Ein kleiner und bewegender Moment am Ende meiner Reise. Ich werde es nicht vergessen.  

Um drei Uhr nachts bin ich dann mit Javi zum Flughafen gefahren. Es war kälter als sonst. Aber zum ersten Mal in den beiden Wochen hatte ich das Gefühl, dass die Stadt zur Ruhe kommt. La Paz ist eine Stadt mit vielen Ecken und Kanten, majestätisch schön und bunt, aber auch überall schmutzig und viel zu arm. Eine Stadt etwas abseits von den Entwicklungen unserer Zeit, hektisch und gelassen zugleich – eine Stadt, in die man sich nicht auf den ersten Blick verliebt. Ich mag das. Ein weiterer Grund wiederzukommen.

 

Ronald:

Die letzten Tage unserer Südamerikareise brechen an. Fast sechs Wochen sind es her, dass wir in La Paz ankamen und vom Choque-Empfangskommitee herzlichst mit Fahne und Holzente auf 4.100 Metern Höhe begrüßt wurden. Ein unglaublich schöner Moment nach all der Zeit der Vorbereitung.

Acht Monate vorher saßen wir mit Victor zum ersten Mal bei uns in Bodenheim. Victor hatte mehrere Fotoalben dabei und zeigte uns voller Stolz und Freude seine Familie und sein Land. Es war sofort spürbar, welche Bedeutung die Reise für ihn hatte und wie sehr er sich freute, den Enten seine Heimat näher zu bringen. Spätestens da wurde klar, dass wir die schon länger angedachte Kultur-Kickreise nach Bolivien jetzt endlich realisieren sollten. Die weiteren Treffen bei Eva und Victor bestärkten uns in unserem Vorhaben und in der Gewissheit, dass wir die besten und engagiertesten Reiseleiter haben.

Jetzt sitzen wir im Palmenparadies von Morro de São Paulo in Brasilien und denken nach wie vor mit großer Begeisterung an die unglaublich tolle Zeit in Bolivien zurück. Die vielen intensiven Eindrücke und Erlebnisse sind kaum in Worte zu fassen. Dennoch geben das Tagebuch und die gelungenen Bilder einen sehr guten Überblick über unsere gemeinsamen Aktivitäten und emotionalen Momente.

Die Bolivienreise mit der besten Reisegruppe, den besten Guides, in ein faszinierendes, einzigartiges Land, das Gott sei Dank noch abseits der großen Touristenströme liegt, überstrahlt alle bisherigen Reisen und wird für immer unvergesslich bleiben.

Viva Bolivia.

 

Rita:

Besser vorbereitet sein....

Wir schreiben den 23.Juli. Der Tag, als das Fußballspiel 3:1 für die Enten ausging und Matthias D. einen Taufpaten-Antrag bekam.

Mit dem Bus wurde der Ententross nach dem Spiel wieder zum Hotel zurückgefahren. Bis zum Abendessen war es noch ziemlich lang, deshalb wollten einige noch eine kleine Mahlzeit einnehmen. Andere Spieler wollten ihre Wunden pflegen oder ausruhen für die Peña-Show am Abend.

Trotz des anstrengenden Spiels und des Stresses eines Reiseleiters hat Gabriel der Reisegruppe angeboten, mit ihm zu Mittag zu essen. Stefan Z, Ronald, Kim und Rita nahmen das Angebot gerne an, und wir folgten ihm durch die wuselige Innenstadt. Rechts und links des Weges zeigt er uns Gebäude und Plätze, deren Bedeutung wir nur erahnen konnten, da es Verständigungsprobleme gab. In einer typischen Garküche haben wir zusammen lecker bolivianische Spezialitäten probiert. Immer mit viel Hände- und Füßeeinsatz.

Super lieb zeigte uns Gabriel Bilder von seiner Familie, seinen Hobbies und seinen ganzen Stolz: Ein altes, verrostetes Auto. Seit Monaten bastelt er in jeder freien Minute daran, wie er uns verständlich machte. Leider fehlten uns die Sprachkenntnisse für eine flüssige Unterhaltung. Vieles, was uns Gabriel erzählte, konnten wir nur erraten. Was mir für ihn sehr leid tat. Meine Unkenntnis war mir schon ziemlich peinlich. Zu schade, dass wir uns für die Reise nicht richtig vorbereitet hatten. Der Standpunkt, Eva und Victor werden schon für uns übersetzen, war sehr, sehr bequem und arrogant gedacht. Asche über mein Haupt! Da lobe ich mir Kondor-Klaus.

Ich rege an, einen Spanisch-Sprachkurs für die Enten einzurichten, damit wir im Sommer 2017, wenn der Choque-Clan nach Mainz kommt, sprachlich gerüstet sind.

Danke, noch einmal, an alle Choques.

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