Enten Kultur-Kick-Reise nach Israel

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Der FC Ente Bagdad bereist das Heilige Land

(Mainz – Tilo B./eig. Bericht) Es ist der vierte Tag der Enten-Reise nach Israel. Wir sind 400 Meter unter dem Meeresspiegel am Toten Meer und übernachten in einem riesigen Hotel, das sich noch klein ausnimmt gegenüber den benachtbarten Hotels.

Einige Enten haben sich an der Bar versammelt. Niemand möchte mehr das Hotel verlassen, denn draußen steht die Luft bei immer noch über 30 Grad, und außer anderen Hotelbars gibt es nichts in der Gegend als eine fast tote Wüste und ein totes Meer.

Mit der Zeit kommen immer mehr Enten aus ihren Zimmern oder vom Abendessen in die Bar. Der kleine Tisch mit seinen wenigen Sesseln reicht längst nicht mehr, aber die Enten setzen sich nicht an benachbarte Tische und bilden auch keine einzelnen Kreise. Die Enten wollen zusammen an einem Tisch sitzen und bilden daher einen großen Kreis. Immer größer wird der, weil immer mehr Enten hinzu kommen.

Der Entenkreis umfasst bald die halbe Hotelbar, von überall her werden Stühle und Sessel herbei geschafft. Kein Mensch kann mit anderen außer seinen beiden unmittelbaren Nachbarn sprechen, denn ein Musikant spielt ziemlich laute und ziemlich schlechte Musik vom Computer ab und singt dazu. Aber das ist egal: Enten bilden keine kleinen Kreise, Enten bilden einen großen Kreis.

Es ist ein beeindruckendes Bild, wie die Reisegruppe da so sitzt, über alles Mögliche redet und den Tag Paroli laufen lässt. Das Motto des FC Ente Bagdad – „You’ll never watschel alone“ – demonstriert in der Hotelbar!

Morgens hatten wir uns die alte Festung Masada angesehen. Die motivierten Enten hatten sich um fünf Uhr früh am „Snake Path“ eingefunden, um den Aufstieg zur Festungsruine über 400 Höhenmeter zu Fuß zu meistern – 45 Minuten waren angegeben, die meisten brauchten länger – und den Sonnenaufgang über dem Toten Meer zu erleben. Ein unbeschreiblicher Anblick, trotz Atemlosigkeit und nassgeschwitzter Klamotten!

Die übrigen fuhren nach einer Mütze mehr Schlaf und Hotelfrühstück mit der Seilbahn um neun Uhr auf den Berg. Unter ihnen waren auch die „Gemsen“ Anne und Matthias, die den Berg in rekordverdächtigen 33 Minuten per pedes bezwangen!

Masada hat für die Juden eine besondere Bedeutung, denn hier hatten sich beim jüdischen Aufstand gegen das Römische Reich ab 66 n.Chr. die letzten Juden verschanzt. Am Ende konnten die Römer aber auch diese Burg einnehmen. Noch heute werden junge Rekruten der israelischen Armee hier vereidigt mit dem Satz „Masada darf nie wieder fallen!“.

„Jetzt nochmal zwei Stunden im Bus zu sitzen ist mir zu anstrengend“

Nachmittags hat sich der Großteil der Gruppe im Hotel, am Pool oder im Toten Meer vergnügt, während ein kleiner Teil noch nach Jericho aufgebrochen ist, um ein altes Kloster zu besuchen und 10.000 Jahre alte Steinhaufen zu bestaunen, die man in der ältesten Stadt der Welt antreffen kann. Warum badet man im Toten Meer, wenn man gleichzeitig Jericho besuchen kann?

Eine Ente, die am Morgen nicht gelaufen, sondern mit der Seilbahn zur alten Festung hoch gefahren war, brachte es auf den Punkt: „Jetzt nochmal zwei Stunden im Bus zu sitzen ist mir zu anstrengend“.

Die beiden Tage davor sind ebenso ereignisreich gewesen. Nach dem Eintreffen am späten Nachmittag des 29. September in Tel Aviv hatten die Reiseleiter Rojin und Joseph abends am wunderschönen Dizengoff-Platz direkt vor unserem Hotel ein kleines Fingerfood-Abendessen für die Gruppe improvisiert. Gelöste Stimmung, lokale Leckereien und die lockere Atmosphäre entsprachen genau dem Enten-Geschmack.

Der folgende Spaziergang ans Meer hat gleich die Besonderheit der Stadt gezeigt. Denn Tel Aviv liegt unmittelbar am Mittelmeer und hat einen wunderschönen Strand. Immer wieder ist die eine oder andere Ente später hierher zurückgekehrt. Bei sicherlich 26 Grad Wassertemperatur auch kein Wunder.

Am zweiten Tag konnten wir das umliegende Viertel unseres Hotels bestaunen. Die Mehrzahl der Häuser war im Bauhaus-Stil errichtet worden, genau wie unser Hotel, das auch Teil der Führung gewesen ist. Nachmittags spazierten die Enten auf zwei Wegen nach Jaffa, der Altstadt von Tel Aviv. Die einen am Strand entlang, in einer sich immer mehr in die Länge ziehenden Prozession, wegen Hitze und kleiner Kinder im Pulk. Die anderen durch die Stadt.

Jaffa ist viele Jahrhunderte lang der Haupthafen des Landes gewesen. Der Ausblick auf das moderne Tel Aviv ist atemberaubend und die kleinen engen Gassen sind, gerade im Abendlicht, wunderschön.

An Tag Drei waren wir in die Wüste gefahren und bei 36 Grad im Schatten bei En Gedi zu einem Wasserfall in einer Schlucht gewandert, das so etwas wie eine Oase ist. Jeder fragte sich, wo eigentlich das Wasser herkommt, aber am Ende ist es völlig egal, und ein Teil der Enten nimmt eine erfrischende Dusche unter dem Wasserfall. Manch einer auch mit T-Shirt, weil selbiges eh schon komplett nass ist.

Wo kann man schon baden, ohne unter zu gehen?

Später badeten dann aber doch alle, denn im Toten Meer muss man gewesen sein, wenn man Israel besucht hat. Ein komisches Gefühl. Beim Reingehen merkt man noch nicht viel: Es ist warm und das Wasser scheint ein wenig dicker zu sein. Sobald man sich aber hinlegt, spürt man diesen unglaublichen Auftrieb. Schwimmen unmöglich! Dafür kann man bequem auf dem Rücken liegen und Zeitung lesen oder einen Entenschal in die Höhe halten.

Joseph zitiert auf der Herfahrt aus einem Reiseführer, der vor solchen „Experimenten“ warnt, weil man quer über den See bis nach Jordanien abtreiben kann, wenn Zeitung oder Schal eine Art Segel bilden.

Wir wissen nicht genau, ob Schreiber und Verlag sich einen Spaß erlauben wollten oder zu viel vom berühmten israelischen Zitronenschnaps getrunken hatten. Auf jeden Fall steigen alle Enten wieder auf israelischer Seite aus dem Wasser und sind glücklich über diese Erfahrung im Toten Meer.

Es folgt der eingangs beschriebene Masada-Jericho-Großer-Kreis-Tag, an dem schon klar wird, dass eine Enten-Reise nach Israel eine ganz besondere Reise ist. Denn Israel ist ein besonderes Land auf unserer Erde. Wegen seiner Geschichte, und vor allem, weil hier schon immer, vor allem heute, die unterschiedlichsten Kulturen aufeinander trafen.

Es ist wie bei den Enten: Auf engstem Raum leben zig verschiedene Menschen mit verschiedener Geschichte miteinander zusammen. In Tel Aviv hatten wir einen orthodoxen jüdischen Priester auf dem Weg zum Strand gesehen, ganz in schwarz gekleidet. Zwei Meter neben ihm kommt eine voll verschleierte arabische Muslimin vom Strand, auch ganz in schwarz gekleidet.

Eine irre Stadt – ein irres Land

Wahrscheinlich essen beide mehrmals in der Woche ihr traditionelles Hauptgericht Falafel. Ganz sicher beten beide zu einem Gott, der vielleicht nicht derselbe ist, aber dieselben Wurzeln hat.

In Jerusalem, unserem nächsten Reiseziel, kann man am späten Nachmittag in der Grabeskirche eine katholisch-christliche Prozession bestaunen, inklusive Gebeten und Gesang. Gleichzeitig, nur leicht zeitversetzt, betet und singt der Hauptgeistliche der christlich-orthodoxen armenischen Kirche mit seinem Gefolge. Verlässt man die Kirche, ruft der Muezzin seine Gläubigen zum Gebet, weil es zu Dämmern beginnt. Zur selben Zeit gehen zig orthodoxe Juden mit ihren vielfältigen Hüten im schwarzen Gewand durch die Altstadt zur „Klagemauer“, um dort ihrem Glauben nachzugehen.

Es ist eine irre Stadt. Alle scheinen doch irgendwie ganz gut miteinander auszukommen, so auf engstem Raum. Aber wenn man genauer hinschaut – oder hinhört – spürt man die Spannungen auch ganz deutlich.

In Jerusalem besuchen wir die berühmte Yad Vashem-Gedenkstätte, die an die nationalsozialistische Judenvernichtung erinnert und sie wissenschaftlich dokumentiert. Ein unglaublich guter Führer versteht es außerordentlich gut, Geschichte in Geschichten lebendig zu machen. Die Enten legen dort einen Kranz nieder. Joseph trägt ein bewegendes Gedicht vor.

Wir sind vom Besuch sehr angetan und stellen fest, dass es leider gar kein (deutsches) Synonym in unserer Sprache zu dem Wort „Führer“ gibt und dass wir unsere Stürmer trotz der gleichnamigen Nazi-Zeitung weiterhin Stürmer nennen werden.

Am Abend besuchen wir den wunderschönen arabisch anmutenden Yehuda-Markt im modernen Jerusalem, essen Falafel und trinken noch ein Bier.

Der folgende Tag steht ganz im Zeichen von Klagemauer, Tempelberg und Co. Zwei sehr gute Führer zeigen uns die einen Quadratkilometer große, von einer hohen Stadtmauer umschlossene Altstadt Jerusalems. Wir sind sehr angetan von dem bunten Treiben, den frisch gepressten Säften, den vielfältigen Kulturen, den zahlreichen Geschichten usw.

In Jerusalem haben schon geherrscht: Babylonier, Perser, Samaritaner, Römer, Mamelucken, Osmanen und Briten – um nur die wichtigsten Epochen zu benennen. Zwischendrin haben die Muslime den Felsendom gebaut und Kreuzritter immer mal wieder die Stadt erobert. Und natürlich haben in all der Zeit dort fast immer Juden gelebt. Zweimal haben sie einen Tempel gebaut, und seit der zweite von den Römern zerstört wurde, sprechen sie am übrig gebliebenen Teil dieses Tempels zu ihrem Gott, streng getrennt nach Frauen und Männern.

Diese westliche Mauer, die in allen Sprachen übersetzt „Westmauer“ oder „Tempelmauer“ heißt, wird nur im Deutschen „Klagemauer“ genannt. Dabei wird hier nicht geklagt, sondern gebetet. Auch Wünsche sollen sich hier erfüllen, die auf kleinen Zetteln notiert in die Mauerritzen gesteckt werden und anschließend bei einer Schweige- oder Gebetsminute mit beiden Händen an der Mauer Nachdruck verliehen bekommen.

Den Nachmittag über lässt jeder ein wenig für sich diesen besonderen Ort auf sich wirken.

Wichtig für Nicht-Juden: Den Hotelaufzug am Shabbat meiden

Am Abend gehen die meisten Enten zu orthodoxen jüdischen Familien, um gemeinsam mit ihnen den Shabbat zu beginnen, der im Judentum der siebte Wochentag ist, ein Ruhetag, an dem keine Arbeit verrichtet werden soll.

Der gedruckte Reiseführer einer Ente warnt vor dem „Shabbat-Aufzug“ in Hotels: Weil die frommen Juden an diesem Tag keinen Knopf drücken dürfen, ist der Aufzug so programmiert, dass er in jedem Stockwerk automatisch hält. Da kann es durchaus schon mal eine halbe Stunde dauern, bis man sein Zimmer im 25. Stockwerk erreicht.

Der Shabbat: Er beginnt am Abend und dauert von Sonnenuntergang am Freitag bis zum Eintritt der Dunkelheit am folgenden Samstag. Vor Einbruch der Dunkelheit zündet die Frau des Hauses die Shabbatkerzen an. Traditionell begrüßt der Familienvater den Shabbat mit dem Friedensgruß und segnet die Kinder. Dann spricht er den Segen über einen vollen Becher Wein. Dem folgt ein Shabbatsegen, der an den Beginn der Schöpfung und den Auszug aus Ägypten erinnert.

Nachdem der Vater und die Tischgesellschaft von dem Wein getrunken haben, werden wie immer vor dem Essen die Hände gewaschen – mit Wasser aus einem Becher mit zwei Griffen, nicht unter fließendem Wasser aus dem Hahn. Das gesellige Treffen wird bei festlichem Essen, Gesängen, Plaudern und Besinnen begangen. Auch das ein beeindruckendes Erlebnis.

Dass selbst die jüdische Kultur sehr facettenreich ist, lernen wir am nächsten Tag. Denn wir fahren in den Kibbuz Ma’Abarot von Zvi Cohen, einem eher sozialistisch anmutenden Ort, ist er doch ursprünglich eine ländliche Kollektivsiedlung mit gemeinsamem Eigentum und basisdemokratischen Strukturen.

Einige Enten kennen Zvi schon, denn er ist ein Zeitzeuge des Holocausts und war bereits Anfang 2019 im Rahmen der „Mainzer Erinnerungswochen“ in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt. So steht der Besuch auch ganz im Zeichen seiner Erzählungen über diese Zeit.

Wir sind sehr beeindruckt, mehr noch erschüttert, gerührt, bewegt. Seine Geschichte geht sehr nahe und wir staunen über seinen Lebensmut und die Tatkraft, aus dem Nichts diesen Kibbuz mit aufzubauen.

Noch etwas aufgewühlt spielen wir am Mittag gegen die Kibbuzauswahl Fußball und verlieren knapp in der Verlängerung mit 0:1 nach einem Golden Goal. Der Spielbericht des Enten-Titanen ist an dieser Stelle zu lesen.

Abends lassen wir die Zeit in Jerusalem mit einer großartigen Lichtershow im Davidspalast ausklingen.

Am vorletzten Tag fahren wir nach Haifa und werden sehr freundlich und mit einem erfrischenden Buffet in der Stadtverwaltung empfangen. Der Leiter der Sport- und Veranstaltungsabteilung berichtet über seine Arbeit und bekommt das Enten-Maskottchen sowie eine Seite der Gutenberg-Bibel als Geschenk der Stadt Mainz überreicht.

Eine Stadtführerin zeigt uns die Stadt, die wir mit dem Bus und zu Fuß erkunden. Sie kennt sich besonders gut mit den Templern aus, die vor 150 Jahren von Württemberg nach Haifa ausgewandert sind und zeigt uns jedes Haus, das diese gebaut haben. Wirklich jedes. Und sie kennt auch jede Familiengeschichte dazu. Die sie auch gerne erzählt.

Nicht wenige Enten bestaunen derweil immer mal wieder die Hauptattraktion der Stadt: Die Gärten der Bahai, die schon in der Ferne zu sehen sind. Nach Klosterkirche, Strand und Fußballstadion endet die Führung dann doch noch bei der wunderschönen Gartenanlage und wir lernen etwas über den Glauben der Bahai, die ursprünglich aus dem Iran stammen.

Das sehr späte Mittagessen (oder sehr frühe Abendessen) nehmen die Enten in verschiedenen kleinen angrenzenden Lokalen ein, und wenigstens zwei Neugierige fahren noch mit der einzigen U-Bahn des Landes hinab in die Stadt zum Hafen. Es ist eine ganz besondere U-Bahn, denn sie wird von Seilen gezogen (ist also eigentlich eine Standseilbahn) und überwindet auf ihren fünf Stationen fast 300 Höhenmeter!

Mainz 05 hat einen Fanclub in Israel

Ein Teil der Reisegruppe fährt dann nach Tel Aviv, während alle Fußballer und ein paar treue Fans dem abendlichen Spiel gegen eine Altherrenauswahl von Maccabi Haifa entgegen fiebern.

Es ist nicht nur irgendein Spiel: Im Jahre 1987 verstarb der berühmteste Sohn des Vereins und seinerzeit Nationaltorhüter Israels, Avi Ran, im Alter von nur 24 Jahren bei einem Unfall. Zu seinem Gedenken, und in Anwesenheit seines – sehr gerührten – Vaters gibt es vor dem Anpfiff Ansprachen der Vereinsführung sowie des Zweiten Bürgermeisters der Stadt Haifa.

Zwar verlieren wir das Spiel am Ende mit 1:6, sind aber auch ein wenig stolz auf unsere Leistung, denn der Gegner hatte ein paar wirklich gute ehemalige Profis in seinem Kader. Sogar ein WM-Teilnehmer von 1970 war dabei. Mehr dazu hier.

Am letzten Tag können wir die Reise ein wenig Revue passieren lassen. Wir sind zurück im wundervollen Hotel Cinema in Tel Aviv und genießen das super leckere Frühstück dort, später den Strand, die Altstadt, die Museen, die Cafés und interessante Läden. Wir lernen die Gründerin des israelischen Fanclubs von Mainz 05 kennen, der immerhin mehr als 280 Follower auf seinen Social Media-Seiten hat, tanzen mit einem DJ und komischen Pflanzen über den Dizengoff-Platz.

Zusammenfassend kann man sagen, dass das Enten-Reisebüro in großartiger Weise die Tour organisiert, geführt und alle Widrigkeiten gekonnt umschifft hat.

Wir bedanken uns auch für die Unterstützung durch die DFL Kulturstiftung, für eine großartige Zeit in einem großartigen Land mit großartigen, sehr verschiedenen, sehr, sehr verschiedenen Menschen.

Es dürfte kaum einen Ort auf diesem Planeten geben, an dem auf so engem Raum so viele verschiedene Menschen mit unterschiedlichsten Hintergründen aufeinander treffen. Ganz im Sinne der Enten.

Ein kurzer Filmtrailer, der die lange Version der Reisedoku ankündigt, ist hier bereits zu sehen:

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