AZ Mainz zum Zeitzeugengespräch

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Die Allgemeine Zeitung Mainz berichtet über den Zeitzeugenabend mit Zvi Cohen

Nach dem Zeitzeugengespräch mit Zvi Cohen am Abend des 15. Januar berichtet die Allgemeine Zeitung Mainz von dieser Veranstaltung in ihrer Online- sowie in der gedruckten Ausgabe.

Hier kommt der Text:

Die Hölle von Theresienstadt überlebt

Von Maximilian Brock

Mainzer Erinnerungswochen: Jüdischer Zeitzeuge Zvi Cohen berichtet im Haus der Vereine.

MAINZ - Das Interesse war groß, der Raum im Haus des Erinnerns entsprechend voll. Viele wollten die Lebensgeschichte des Juden Zvi Cohen hören, der einen Großteil seiner Kindheit und Jugend im nationalsozialistischen Deutschland verbracht und den Aufenthalt im Lager Theresienstadt überlebt hat. Die Veranstaltung war von Mainz 05, dem Fanprojekt, FC Ente Bagdad und der Initiative „Nie wieder“ im Rahmen der „Mainzer Erinnerungswochen“ organisiert worden. Im Vorfeld des Erinnerungstages im deutschen Fußball am 27. Januar berichtete Cohen von seinen Erlebnissen. Ein Musikinstrument spielte dabei eine besondere Rolle.

Mit seiner Einschulung 1937 habe er erstmals zu spüren bekommen, dass er „kein normaler Deutscher“ sei, sagte Cohen. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Nazis bereits zahlreiche anti-jüdische Gesetze erlassen. Die systematische Demütigung und Unterdrückung der Juden war Kern des politischen Programms in Deutschland. Das bekam auch die Familie Cohen zu spüren: Als Juden seien sie in ihrem Alltag immer mehr eingeschränkt und isoliert worden, erinnert sich Cohen. „Irgendwann waren wir überhaupt nicht mehr imstande, auch nur daran zu denken, uns zu wehren“. Als Kind sei er von Mitgliedern der Hitlerjugend gepeinigt worden, „der Jude war ein Feind des Volkes“, sagt er.

Sein Großvater habe in einem Arbeitslager in Berlin-Sachsenhausen Stiefel für die Wehrmachtssoldaten einlaufen müssen – bei seiner erstmaligen Rückkehr nach Deutschland 1989 habe er selbst das Lager besucht, berichtet Cohen.

Haustiere und Musikinstrumente hätten sie abgeben müssen, das sei als Kind hart für ihn gewesen, erinnert er sich. Seine Mundharmonika hat der Junge jedoch behalten dürfen. Aus Angst habe er zwischen 1941 und 1943 für fast zwei Jahre die Wohnung seiner Eltern nicht verlassen. Bei den immer häufigeren Bombenangriffen konnte er sich in keinen Luftschutzkeller flüchten. „Die meiste Zeit war ich vollkommen allein“, sagt er.

Diese Zeit nutzte der damals Zwölfjährige, um Volkslieder aus dem Radio auf seiner Mundharmonika nachzuspielen. Ein Wink des Schicksals, wie sich herausstellen sollte. Denn als im Mai 1943 zwei Männer der Staatssicherheit vor der Tür standen, konnte der kleine Zvi die beiden Schergen mit seinen musikalischen Fähigkeiten milde stimmen. Die Lieder beherrscht er bis heute auf seiner Mundharmonika, wie er seinen gebannten Zuhörern am Montag live vorführt.

Zvi und seine Eltern wurden ins Ghetto Theresienstadt deportiert. An die Demütigungen auf dem Transport und im Lager kann sich Cohen noch genau erinnern. „Dort gab es weder Menschen, noch Würde“ sagt er. Seine Großeltern starben in dem Lager. Noch vor Ende des Krieges wurde die Familie befreit. Mit seiner Mundharmonika sei er Teil des Kinderorchesters gewesen. Das kulturelle Leben der Juden in Theresienstadt sei für ihn „eine leuchtende Hoffnung“ gewesen, noch mit dem Leben davonzukommen, sagt er.

ZVI COHEN
Geboren 1931 als Horst Kohn in Berlin und dort aufgewachsen; nach seiner Befreiung aus Theresienstadt in die Schweiz, später Umzug mit Eltern nach Palästina, seitdem heißt er Zvi Cohen und lebt heute in Tel Aviv (87 Jahre).

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