Allgemeine Zeitung Mainz berichtet

(Kommentare: 0)

Man schreibt das Jahr 1973. Gutenberg-Gymnasiasten schwärmen von Overath, Müller und Beckenbauer, kicken selbst wie die angehenden Weltmeister. „Wir haben einfach supergerne Fußball gespielt“, erklärt der 54-jährige Ronald Uhlich, warum vor jetzt genau 35 Jahren eine Freizeit-Mannschaft gegründet wurde. Sie wollte sich abheben von „Thekenmannschaften“, sah ihre Vorbilder eher in „Alligator Gonsenheim“ oder „Satan Weisenau“. Uhlich: „Wir wollten international sei, Freunde anderer Nationalitäten einbeziehen.“

Nach ein paar Bierchen waren Namenvorschläge wie „Schildkröte Damaskus“ oder „Barfuß Bethlehem“ vom Tisch – „Ente Bagdad“ sollte es sein. „Märchenhaft, denn wir wollten märchenhaft spielen“, lächelt Banker Uhlich. Heute sind es rund 50 Aktive, die rote Hose und weißes T-Shirt mit der in feinstem Arabisch in Damaskus gefertigten Aufschrift „Ente Bagdad“ anziehen. Übrigens ganz ohne Sponsorenaufdruck, „denn wir wollen unabhängig bleiben“. Samstag für Samstag laufen die Freizeitkicker zum Training auf dem Kunstrasenplatz an der Bretzenheimer Ulrichstraße auf.

„Es gibt noch vier Ur-Enten. Drei davon, Werner Pilsner, Uwe Carstensen und ich sind noch aktiv“, erzählt Ronald Uhlich und verrät, dass sogar der 78-jährige Ehrenspielführer Kuno Kraft von Zeit zu Zeit noch das runde Leder tritt. Viele der ehemaligen „Enten“ sind inzwischen quer über den ganzen Erdball verstreut. Ein Grund, warum „Ente Bagdad“ etwa gegen die Deutsche Botschaft in Rom, in Graz, Aleppo und Damaskus in Syrien oder in Straßburg kickte. „Alles nur Freundschaftsspiele“, versichert der ehemalige Stürmer und heutige Verteidiger Uhlich, der sich bei einem Festbankett in Damaskus aus protokollarischen Gründen als „Präsident“ bezeichnete – und seitdem von den „Enten“ scherzhaft auch als solcher tituliert wird.

Angefangen hat alles auf einem Bolzplatz auf dem Lerchenberg, dann zog es „Ente Bagdad“ in die Innenstadt – bis aus „ihrem“ Spielfeld ein multifunktionaler Spielplatz wurde. Auf der Suche nach einem Verein, durch den auch die Nutzung eines Fußballplatzes garantiert werden konnte, fanden die „Enten“ Unterschlupf bei Vitesse Mayence, dessen Unterabteilung das kickende Federvieh heute ist. Nicht ohne Grund: „Das ist auch ein international aufgestellter Verein, der Toleranz und Respekt auch vor anderen Nationalitäten und der Qualität der Spieler auf seine Fahne geschrieben hat.“ Ronald Uhlich ist nicht wenig stolz, dass eine solche Einstellung honoriert wird: 2006 erkannte Ministerpräsident Kurt Beck „Ente Bagdad“ beim Europapreis des Landes einen Sonderpreis zu - die Fahrt mit einem Polizeiboot auf dem Rhein...

Die „Entenfamilie“ funktioniert perfekt, wird nicht nur durch Mail-Kontakte, sondern auch durch viele private Begegnungen lebendig gehalten. Ihre Auslandsreisen treten die „Enten“ daher selbstverständlich in Begleitung ihrer Partnerinnen an. Beispielsweise in diesem Jahr, wenn es im Oktober (selbstverständlich nicht „nur“ zum Fußballspielen) nach Jordanien geht. Erneut die Frage nach Sponsoren. „Nein, das zahlen wir natürlich alles aus der eigenen Tasche“, erklärt „Enten-Coach“ Uhlich, warum das Kicken in der Freizeitmannschaft nicht immer als preiswert zu bezeichnen ist.

Der selbsternannte „Präsident“, der sich selbstredend um Platz, Mannschaft und Trikot-Säuberung kümmert („Man nennt mich mit einem Augenzwinkern auch ‚Enten-Pascha‘“) kann auf eine funktionierende Mitarbeitercrew zählen. Etwa auf „Taktikcoach“ Werner Pilsner, „Webmaster“ Stefan Schirmer oder „Pressesprecher“ Christian Hinsch. Sie alle bereiten auch ein „rauschendes Fest“ zum 35. Geburtstag von „Ente Bagdad“ vor, das am 15. November unter dem Motto „1000 und eine Nacht“ steigen soll. Genaueres ist noch nicht ausgebrütet...

(Von Bernd Funke)

Zurück

Kommentare

Einen Kommentar schreiben

Bitte addieren Sie 6 und 9.