Abi und Zvi Cohen in Mainz
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Michael K. beschreibt den Nachmittag vor dem Zeitzeugengespräch
Ich hatte die Ehre wie auch das Vergnügen, mit Zvi Cohen, seinem Bruder Abi, seinem dokumentierenden Begleiter Richie und Ronald zu Mittag zu essen.
Viele lustige wie auch zum Denken verleitende Anekdoten hörte ich mit Freude und Wissensdurst von den Brüdern Cohen. Auch ich teilte die ein oder andere – so hoffe ich – sympathische Floskel aus. Ich spielte mit Zvi das Ratespiel um meinen Erstnamen. Nach zwei mal raten wusste er, dass ich Adolf heiße. Wir lachten daraufhin. Die Gruppe am Restauranttisch hatte umgehend erkannt oder bereits gewusst, dass ich mit meinem Möglichkeiten alles gebe, um nicht rechts zu sein. Ich bin ein klarer Gegner jeglicher rechtspopulistischer Idiotie.
Zvi ist Überlebender des zweiten Weltkriegs, er hat das Konzentrationslager Theresienstadt überlebt. Was dies bedeutet, kann ich mir nur aus Büchern vorstellen. Doch am Abend werde ich die traurige Wahrheit über Zvis Jugend detaillierter erfahren.
Nach dem Mittagessen spazierten wir durch mein gemütliches Mainz. Mit meinem Halbwissen erzählte ich, wie stark das Judentum im 10. und 11. Jahrhundert in Mainz präsent war. Dass nach meinem Wissen zu dieser Zeit ein angehender Rabbiner, egal von wo er kam, erstmal für ein Jahr nach Mainz in die Rabbinerschule gehen musste. Auch, so meine ich zu wissen, hatte ein Mainzer Rabbiner die Monogamie ins Judentum eingeführt. Zvi und sein Bruder waren begeistert von meinem kleinen Wissen und der Art und Weise, wie ich es erzählte.
Ich brachte meine beiden neuen Freunde mit einem entspannten Gang zurück ins Hotel. Der Abend sollte noch sehr emotional werden, und die Jungs gönnten sich eine Pause vor ihrem großen Auftritt.
Auf dem Weg zum Hotel sangen wir das jüdische Lied „Shalom Chaverim“ in den Mainzer Straßen und lachten dabei, zumal meine hebräische Aussprache nicht wirklich gut ist. Ich lernte das Lied per Zufall vor einigen Jahren und es ist mir ein intensives Hochgefühl, es mit einem KZ-Überlebenden und neuem Freund singen zu dürfen. Wenn ihr wieder in Israel seid, könnt ihr erzählen, dass ihr in Deutschland mit einem Adolf das Lied des Friedens gesungen habt.
Am Abend im Haus der Erinnerung in Mainz, reduzierte ich mein Verlangen, mich Zvi mitzuteilen und sein Wissen aufzunehmen, der Raum war voll von Menschen mit Wissenshunger. Es erschien mir wichtig, dass alle ein Stück Geschichte wie auch Aufmerksamkeit von Zvi bekommen. Dem war so.
Wie gesagt war der Raum voll. Jeder Zuhörer lauschte voller Mitgefühl den traurigen und demütigen Erlebnissen von Zvi Cohen. Kein Husten, kein Räuspern, kein Stuhlrücken war zu hören. Die Konzentration lag auf den bewegenden Worten eines Menschen, dessen Geschichte so schrecklich und herzergreifend ist, dass alle Zuschauer mit Tränen in den Augen Angst davor haben, dass die Geschichte der Kriege in Deutschland sich wiederholen könnte.
Zvi ist auf Besuch in Deutschland, um gegen den Rechtspopulismus zu informieren. Ich bedanke mich bei ihm für eine wenn auch kurze, dafür aber unvergessliche Zeit. Zvi bleib stark und gesund und teile dein Wissen immer weiter. Wir werden der braunen Kacke in Deutschland niemals wieder die Möglichkeit geben, Menschen systematisch zu demütigen, zu zerstören, zu töten.
Ich umarme dich aus tiefsten Herzen, dein Adolf Michael Kuhn.
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